Sascia on Tour–

 

Saskia on Tour; Radrennen über 102 km in Alsacienne

Nach Bimbach und seinen über 3000 hm bei Hagel und Schnee

ich optimistisch an die 3000-hm-von L’accienne gegangen. Doch statt auf 180km, sollten sich die hm nun auf gerade mal 102km komprimieren und eine Herausforderung an mich selbst stellen. Harry und ich sind 2 Tage vorher angereist und haben auf einem Campingplatz nahe des Start/Ziel-Bereichs Unterkunft gefunden. Einen Tag vor dem offiziellen Rennen sind wir gemeinsam unsere Startunterlagen abholen gegangen und haben uns neben Transponder und Startnummer schon einmal mit unserer Umgebung vertraut gemacht. Mit dem Rad sind wir am dortigen Fluss entlang (wo wir einen atemberaubenden Wasserfall gesehen haben) und haben in purer Idylle im Vorfeld km gesammelt. Neben hohen Temperaturen und den Höhen der Vogesen, welche einen umgaben, stiegen auch die Ansprüche an die bevorstehende Tour am Folgetag. Wo ich mir selbst im ummittelbaren Vergleich zu den Vogesen so klein vorkam, da stellte ich mir selbst unweigerlich die Frage, ob mein Wintertraining für mein Vorhaben reichen würde. Ich hatte hm in den Beinen und war bei Wind und Wetter gefahren, doch das hier war ein ganz anderes Kaliber. Die bevorstehende Tour kannte ausschließlich Auf- und Abfahrten und der Grand Ballon, welcher historischen Wert in der Tour de France Geschichte findet und den höchsten Berg der Vogesen bildet, würden mich auf die Probe stellen. Würden die 11Monate die ich bisher Rennrad fuhr ausreichen? Nicht umsonst ging Udo Bölts Zitat ,,Quäl dich, du Sau!“ zu Jan Ullrich während der Tour und beim Erklimmen dieses Berges in die Tour de France Geschichte ein. Meine Gedanken schob ich dann jedoch abends bei ausgelassener Pasta-Party und Live-Bühnenshow von mir. Am Morgen war ich dann überraschenderweise sehr entspannt und bereitete mich gelassen auf das Ungewisse vor. Der Startbogen erhob sich vor mir und kaum wollte ich mich in der Masse an Radfahrern eingliedern, da wurde ich auch schon nach ganz vorne geleitet, denn dort sollten die Frauen starten. Mit Musik und einem Timer wurde die Zeit bis zum Start runtergezählt. Neben mir eine Frau, ebenfalls deutsch, wie ich auf der Startnummer entnehmen konnte. Als man ins Gespräch kam und sie erfuhr, dass ich erst 11Monate Rennrad fahre, da baute sie mich mit einem überraschten,11 Monate und dann eine so anspruchsvolle Tour?!´´ ungemein auf. Doch kaum zählte der Countdown runter, kam in mir eine unbändige Vorfreude und Motivation auf. Mit einem Riesenfeld an Fahrern jagt man über den Asphalt und sog ganz automatisch das ganze Feeling dieses Events auf. Man war Teil einer homogenen Masse, und um einen herum einzig das laute, teils auch aggressive surren der Ketten. Gänsehaut pur, an einem Tag, welcher Sonnencreme erforderlich machte. Bald kam man an den ersten Berg ,,Viell Armand“ und hier trennte sich bereits Spreu vom Weizen. Das Feld zog sich auseinander und die Bergziegen eroberten die Führung. Zu dem Surren der Ketten gesellte sich bald rhythmisches und unrhythmisches Keuchen der Fahrer. Dieser Berg zog sich wie Kaugummi und erforderte viel Geduld. Er war so anspruchsvoll, dass ich mir in Erinnerung rief, dass dieser auf den Grand Ballon vorbereiten würde und mich da noch ganz anderes erwarten würde. Abseits vom Asphalt (welcher ausgesprochen gut war) dichter Wald und kaum herrschender Verkehr. Mit jedem Tritt wurde die Muskulatur, wie man selbst lockerer und man fand sein Tempo. –Hartmannswillerkopf- las ich auf einem Ortsschild, welches mich unwillkürlich schmunzeln ließ. Ich musste zwangsläufig an meinen Vater und mich denken, wir zwei Hartmänner würden umsetzen was wir uns in den Kopf gesetzt haben. Wie passend dieses Schild doch war. War der besagte Vorberg schon ein schönes Idyll, so war dieser im Kontrast zum Grand Ballon harmlos.Bei km 18 wagte ich einen Blick auf meinen Tacho. 800hm und in eine Rampe mündete die nächste. Kein Ende in Sicht und nach jeder Serpentine tauchte auch schon die nächste auf. Auf der gesamten Strecke waren Schilder platziert. ,,Rappel“ las ich unentwegt, welches vor sich lösendem Geröll warnen sollte. Und auch hier dachte ich ironisch daran, dass hier mit Sicherheit der ein oder andere an sich halten musste, um nicht ebenfalls von einem Rappel heimgesucht zu werden. Mir ging es überraschenderweise richtig gut und ich genoss Landschaft und Berg. Das Training hatte sich bewährt gemacht und Glücksgefühle übermannten mich. Der Grand Ballon reizt durch seine zahllosen Facetten der Umgebung. Weinberge, Schatten spendende Waldränder und plötzlich, je höher man kam, sich vor einem erstreckende Schönheit. Ein Blick in die weiten Täler und Senken, die unter einem lagen. Dort unten in einer Tiefe, in welcher man zuvor selbst noch gestartet war. Ein unbeschreibliches Gefühl. Unbeschreiblich berauschend.

harry on tour 010Der Grand Ballon zählte knapp 1000hm ganz allein an einem Stück und wies heftige Rampen auf. Jeder Meter schenkte ein Gefühl von Freiheit und der Blick, welcher sich einem oben offenbarte, war unbezahlbar. Bei km 32 hatte ich bereits 1250hm hinter mir und war auf einer Höhe von 1356hm angekommen. Nach der ersten Kontrolle hatte ich den Grand Ballon dann hinter mir undfuhr eine 18km lange Abfahrt hinunter. Meine bisher Längste und schönste. Allgemein durfte ich hier Gefühle und Erfahrungen sammeln, welche mir gänzlich neu waren. Insgeheim begann ich die Franzosen zu beneiden. Wohnten sie doch in dieser Umgebung, welche einem das Gefühl vermittelte, dass die Welt noch in Ordnung sei.

Zuletzt lagen noch zwei Berge vor mir, wobei mich nach dem ersten (Route des Cretes) keine Abfahrt erwartete (auf die ich mich eingestellt hatte) sondern bereits der nächste (Bramont), welcher direkten Anschluss an den Ersten bildete. Dann musste ich erneut ein Stück aufwärst, nochmals ein Stück des Grand Ballon hoch, ehe ich mich nach einer rasanten langen Abfahrt dem Ziel näherte. Das Ziel war eine Bergankunft.

1,4 km bergauf mit durchschnittlich 10Prozent. In den Spitzen bis zu 15Prozent. Das tat noch mal ordentlich weh, doch alle passierten 100m motivierten witzige Schilder mit Aufschriften, wie ,,In 1,1km -> Bier“ oder ,,Noch 1km -> Liegestühle“.

Dann endlich die letzten Meter in Sicht und kaum war ich durch den Zielbogen, wurde mir bewusst, dass ich die für mich persönlich härteste und gleichzeitig schönste Tour hinter mich gebracht und geschafft hatte.

Ich bin froh den Radsport für mich entdeckt zu haben und Teil einer Welt geworden zu sein, die einem Streckenprofile und Emotionen ermöglicht, die für mich alles übertreffen. Als Nächstes freue ich mich auf Österreich, das Tannheimer Tal und all das was mich dort erwarten wird.

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