Am 20. August 2023 war es endlich soweit. In der weitläufigen Parkanlage von Rambouillet startete die 20. Auflage von Paris-Brest-Paris, die legendäre Radsportveranstaltung, bei der wir Teilnehmer eine Distanz von 1.200 km in 80, 84 oder 90 Stunden zurücklegen.
Ab 16:00 Uhr gingen die 6.800 qualifizierten Teilnehmern in 250er-Gruppen an den Start. Ich hatte mich für ein Limit von 84h und einem Start am folgenden Morgen um 5:00 Uhr entschieden.
Geführt von einem Begleitfahrzeug und Motorrädern ging es auf die ersten Kilometer und es bildeten sich Gruppen, die ein entspanntes Rollen bis zur ersten Station in Mortagne-au-Perche erlaubten. Auch auf dem zweiten Abschnitt nach VILLAINES-LA-JUHEL fand sich eine Gruppe und schon waren die ersten 200 km geschafft.
Auf dem dritten Teilstück stellte sich dann zunächst echtes Brevet-Feeling ein. Alleine auf einsamen Landschaften durch schöne, wellige Natur. Im Unterschied zu anderen Brevets wurde ich allerdings bei Ortsdurchfahrten oder von überholenden Autofahren angefeuert und bejubelt.
In vielen Orten haben sich Gruppen und Familien versammelt und haben Erfrischungen und Verpflegung für die Teilnehmer aufgebaut. Im weiteren Verlauf habe ich diese Angebote gerne angenommen und so viele schöne Momente erlebt.
Mit der Einsamkeit der Brevet-Fahrers war es dann aber schnell vorbei, denn zu meinem Erstaunen kamen Teilnehmer in mein Sichtfeld. Da ich in der ersten Startgruppe am Morgen war, die letzten Starter vom Vortag um 21:00 Uhr auf die Strecke gingen, hatte ich damit noch nicht gerechnet.
Auf alle Fälle war ich nun bis ins Ziel nicht mehr alleine unterwegs. Es waren fast immer andere Teilnehmer im Sichtfeld, was im Dunkeln ein echter Vorteil war.
Über FOUGERES und TINTENIAC ging es bei herrlichem Wetter – trocken, wenig Wind und lediglich recht warm – weiter nach LOUDEAC, das ich bei Sonnenuntergang schon um 21:20 Uhr erreichte. Die ersten 435 km waren geschafft und ich legte eine lange Nachtpause im dortigen Schlafsaal ein, um die Nachtfahrt zu vermeiden.
Gegen kurz nach sechs am nächsten Morgen ging es dann auf die letzten beiden Etappen nach Brest. Wieder bei herrlichem Wetter, wenn auch heiß ging es in den hügeligeren Abschnitten durch schöne Landschaften und an der begeisterten Bevölkerung vorbei.
Gegen zwei Uhr ging es dann auf den Rückweg, nicht ohne Stop auf der Brücke in Brest und den obligatorischen Erinnerungsfotos. Die Hälfte war geschafft und mein Zeitpuffer war beruhigend.
Die Nachmittage sind bei mir immer etwas zäh, scheinbar komme ich nicht voran, die Zeit vergeht nicht, es ist heiß und auch der Körper meldet sich natürlich.
Da muss ich durch und nach einer guten Stunde und einem Stop an einem der vielen privaten Versorgungsstellen ging es mir Dank der neuen Eindrücke wieder gut und ich war am Abend kurz nach Sonnenuntergang wieder in LOUDEAC.
Am zweiten Tag hatte ich ’nur‘ 347 km geschafft, war aber angesichts der Temperaturen und der vielen Höhenmeter zufrieden und beschloss wieder eine Nachtpause einzulegen, den Schlafsaal kannte ich ja schon.
Um 4:30 Uhr ging es dann weiter in Richtung Paris, dem Sonnenaufgang entgegen. Erfrischender Bodennebel in den Tälern sorgten für eine willkommene Abwechslung und bis in den späten Vormittag war es sehr angenehm.
Dachte ich bisher, um Brest herum wäre es heiß gewesen, wurde ich im weiteren Tagesverlauf eines besseren belehrt, es wurde heißer und mein Nachmittagstief etwas ausgedehnter.
Als dann ein paar Regentropfen vielen, haben wir die Hoffnung auf Abkühlung alle begrüßt auch wenn der Effekt sich in Grenzen hielt und es nicht einmal reichte, die Straße nass werden zu lassen.
Dank der Unterstützung am Wegesrand könnte ich aber auch diese Tief überwinden und kam gegen 19:00 Uhr in MORTAGNE-AU-PERCHE an. Noch gut 110 km übrig und Zeit bis 17:00 Uhr am folgenden Tag.
Nun war mein Ehrgeiz geweckt und ich machte mich auf die letzten beiden kürzeren Etappen über Dreux zurück nach Rambouillet.
Um 10 vor eins war ich dann glücklich und erschöpft im Ziel und kämpfte erst einmal damit, wieder aufrecht und gerade zu stehen.
Nach mehr als 1.200 km, mehr als 10.000 Höhenmetern und etwas weniger als 68 Stunden war dieses einmalige Erlebnis vorbei und ich fiel ins Bett mit dem Wissen, dass ich so etwas wieder erleben möchte.